Der grüne Aufschwung
Seit dem Höchststand im Januar 2021 war die Performance nachhaltiger Fonds und Anlagen mit Bezug zum ökologischen Wandel enttäuschend. Doch der Investitionsbedarf zum Erreichen der Ziele des Pariser Abkommens ist keineswegs gesunken. Im Gegenteil: Der Kapitalbedarf bei einem 1,5°C-Szenario wird auf 5.000 Mrd. USD pro Jahr geschätzt – das entspricht einer Verdreifachung des Investitionsvolumens von 2023. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit einer verstärkten Unterstützung von Initiativen zur Dekarbonisierung, um die globalen Klimaziele zu erreichen und verantwortungsvolles Wachstum zu fördern. Es geht darum, „grüne“ Investitionen nicht als Einschränkung, sondern als Chance zu sehen. Jetzt, da die Bewertungen attraktiver sind und die Unternehmen einen höheren Reifegrad aufweisen, ist es sinnvoll, das Thema wieder in den Blick zu nehmen. Im Folgenden wollen wir Anlageideen für die kommenden Jahre aufzeigen und Sektoren identifizieren, die von diesem zeitlosen Wachstumsthema profitieren können.
Sauberer Strom – Kernelement für neuen „grünen“ Wind
Derzeit sind Energieerzeugung und -verbrauch für etwa 70% der Treibhausgasemissionen verantwortlich. „Saubere Energie“ für die Elektrifizierung ist daher ein zentraler Baustein für die Dekarbonisierung der Wirtschaft, und basiert auf drei Säulen:
1. Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien am Energiemix: Aktuell liegt ihr Anteil bei etwa 30%. Bis 2030 wird dieser voraussichtlich auf 38 (bei Fortsetzung der derzeitigen Ausbaupolitik) bis 57% (bei Anvisieren eines Erwärmungspfads von unter 2°C) ansteigen. Am schnellsten wachsen die Produktionskapazitäten für Solarenergie (niedrige Produktionskosten, einfache Umsetzung) mit einem geschätzten jährlichen Wachstum von 18 bis 24% bis 2030. Zum Vergleich: Der Anteil fossiler Energieträger an der Stromerzeugung soll bis 2030 jährlich um 5 bis 6% sinken.
2. Ausbau der Netzinfrastruktur: Nach mehreren Jahrzehnten unzureichender Investitionen in die Stromnetze treibt die beschleunigte Elektrifizierung die Infrastrukturkosten zur Stromübertragung und -verteilung stark in die Höhe. In Nordamerika und Europa ist die Infrastruktur im Durchschnitt 30 Jahre alt. Es sind jährliche Investitionen in Höhe von 400 Mrd. USD erforderlich, um zumindest die ältesten Anlagen zu erneuern (19 %), bestehende Anlagen zu modernisieren (40 %) und neue Infrastrukturen zu schaffen (41 %).
3. Elektrifizierung der Nutzung: Der stark steigende Strombedarf erfordert die Nutzung sauberer Energiequellen. Der Großteil des Strombedarfs entfällt heute auf Gebäude (30%), die Industrie (30%) und den Verkehr (27%). Die rasante Entwicklung von Rechenzentren (unverzichtbar für den Betrieb künstlicher Intelligenz mit umweltfreundlicher Energie) dürfte die Stromnachfrage in den kommenden Jahren noch weiter ansteigen lassen.
Grüne Anlagechancen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Elektrifizierung
Neben der direkten Positionierung in diesen drei Bereichen (Solar- und Windenergieausrüster /Energieversorger, elektrische Ausrüstungen / Elektrofahrzeuge/Batterien, sauberer Wasserstoff) bieten sich zahlreiche Anlagemöglichkeiten entlang der Wertschöpfungskette der Elektrifizierung: Hoch- und Mittelspannungskabel, Energiespeicherlösungen, Ingenieurdienstleistungen rund um die Strominfrastruktur oder auch Kühlsysteme für Rechenzentren.
Auch Microsoft setzt beispielsweise auf grüne Energie, um den enormen Bedarf seiner Rechenzentren zu decken. Der Konzern hat einen 20-jährigen Stromabnahmevertrag mit Constellation geschlossen. Bezogen werden soll der Strom aus dem zu diesem Zweck wieder reaktivierten Kernkraftwerk Three Mile Island in Pennsylvania. Constellation plant, 1,6 Milliarden US-Dollar für die Wiederinbetriebnahme des Kernkraftwerks auszugeben, das 2028 wieder ans Netz gehen soll. Die Kapazität wird 835 MW betragen. Damit könnten 800.000 Haushalte versorgt werden. Nach Angaben der US-Energiebehörde (EIA) wird sich der Energieverbrauch von Rechenzentren in den USA bis 2030 mehr als verdoppeln und etwa 9 % des gesamten Strombedarfs des Landes ausmachen. Um Engpässe zu vermeiden und den enormen CO2-Fußabdruck von KI zu verbessern, sind Microsoft und andere Technologiegiganten bereit, alle Optionen zu nutzen, auch Kernenergie. Der CO2-Fußabdruck von Cloud-Hyperscalern ist größer als erwartet. Dies eröffnet deutliches Wachstumspotenzial für Dekarbonisierungslösungen auch jenseits der Erzeugung sauberen Stroms. Zu den wichtigsten Dekarbonisierungslösungen zählen: saubere Energie, energieeffiziente Geräte, umweltfreundliche Materialien, Kohlenstoffabscheidung und -sequestrierung, die allesamt Investitionsmöglichkeiten in einer Vielzahl von Sektoren eröffnen.
Künstliche Intelligenz als Instrument zur Begrenzung der globalen Erwärmung?
Insgesamt sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass der Ausbau der Infrastruktur für generative KI in den USA in vielen Branchen erhebliche Produktivitätssteigerungen ermöglichen wird. Außerdem gibt es häufig unterschätzte Dynamiken, z.B.:
Der Mangel an Gleichstromkapazitäten in den USA: Bis 2025 entstehen dort weniger als 6 Gigawatt an Gleichstromkapazitäten. Zu absorbieren sind aber 10 Gigawatt an verkauften Chips für generative KI.
Hinzu kommt die Notwendigkeit, neue Kernkraftwerke zu bauen, die wachsende Akzeptanz dieser umstrittenen Energiequelle in der Bevölkerung und bei den Regierenden, die Entwicklung von Brennstoffzellen oder auch die Senkung des Energiebedarfs für das Mining von Kryptowährungen
Lässt sich künstliche Intelligenz nutzen, um das Überleben unseres Planeten zu sichern und die Ziele des Pariser Abkommens zur Begrenzung der Erderwärmung zu unterstützen? Unbedingt – sie ist der Schlüssel, um Technologie und Umwelt noch enger zu verbinden. Es geht nicht nur darum, Ihren Anlagen Sinn zu verleihen, sondern auch die großen Ertrags-Chancen zu nutzen.
Europa braucht sich in puncto grüner Technologie nicht zu verstecken
Lassen Sie mich mit einer Bemerkung zum Draghi-Bericht schließen. Es stimmt, dass der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank darin hervorhebt, dass Europa bei der Digitalisierung den USA und China hinterherhinkt. Und auch, dass einige seiner Empfehlungen den Kernprinzipien des europäischen Green Deals zuwiderlaufen, insbesondere der Ruf nach Deregulierung und nach der Senkung von Umweltstandards, wenn diese der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen nicht direkt förderlich sind. Der Bericht rüttelt zudem an einigen regulatorischen Grundpfeilern für eine nachhaltige Finanzwirtschaft, wie der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und dem Lieferkettengesetz, die seines Erachtens eine große bürokratische Belastung für Unternehmen darstellen. Gleichzeitig betont Mario Draghi aber auch Europas technologische Führungsrolle in den Bereichen Nachhaltigkeit und saubere Technologien und zeigt Wege auf, wie Europa sich im globalen Wettlauf um den ökologischen Wandel nachhaltig positionieren kann.
Man sollte also auf der Suche nach grünen „Perlen“ den Blick nicht nur auf die USA oder nach Asien richten. Auch Europa bietet viele Chancen. Und das Timing ist ideal: Go for Green!

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